Katarakt: Alterungsbedingte Linientrübung und chirurgische Entfernung

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Wenn alles plötzlich verschwommen erscheint, als wäre ein Milchglas vor Ihre Augen geklemmt, ist es oft keine vorübergehende Ermüdung. Es könnte eine Katarakt sein - eine altersbedingte Trübung der natürlichen Linse im Auge. Millionen Menschen weltweit leiden darunter, besonders ab 60. In den USA sind rund 24,4 Millionen Menschen ab 40 betroffen. In der Schweiz ist es nicht anders: Mit dem Alter steigt das Risiko. Doch es gibt eine Lösung, die nicht nur hilft - sie verändert das Leben.

Was genau ist eine Katarakt?

Die Linse im Auge ist normalerweise klar wie Glas. Sie bündelt das Licht, damit es scharf auf die Netzhaut fällt. Mit der Zeit verändern sich die Proteine in dieser Linse. Sie klumpen zusammen, werden trüb und streuen das Licht. Das Ergebnis? Sehen wie durch einen vernebelten Spiegel. Farben wirken matter, Blendung bei Nacht wird zur Qual, Lesen braucht immer mehr Licht. Es ist kein Schmerz, kein Jucken - nur ein langsames, unaufhaltsames Verschwimmen der Welt.

Dieser Prozess ist kein Krankheitszustand im klassischen Sinn, sondern eine natürliche Folge des Alterns. Etwa 70 % der Menschen über 75 haben eine spürbare Katarakt. Früher nannte man sie „Grauer Star“. Heute wissen wir: Es ist keine Starre, sondern ein biologischer Abbau. Und er lässt sich reparieren.

Wie wird eine Katarakt diagnostiziert?

Ein Augenarzt erkennt eine Katarakt mit einfachen, standardisierten Tests. Der sogenannte Slit-Lamp-Test zeigt genau, wo und wie stark die Linse trüb ist. Ein Sehtest misst, wie gut Sie Buchstaben auf einer Tafel erkennen. Manchmal wird auch die Netzhaut untersucht, um andere Erkrankungen wie Diabetes oder Glaukom auszuschließen. Denn: Eine Katarakt kann nicht nur das Sehen beeinträchtigen - sie kann auch andere Augenprobleme verbergen.

Wichtig: Eine Katarakt wächst nicht schneller, weil Sie viel lesen oder fernsehen. Sie entsteht nicht durch Überanstrengung. Sie ist kein Zeichen von Schwäche. Sie ist ein biologischer Prozess - und er ist behandelbar.

Die Kataraktoperation: Was passiert wirklich?

Heute ist die Kataraktoperation die am häufigsten durchgeführte Operation weltweit. In den USA werden jährlich 3,8 Millionen durchgeführt. In der Schweiz sind es Zehntausende. Die meisten Eingriffe dauern weniger als 20 Minuten. Sie erfolgen ambulant, unter örtlicher Betäubung - Sie sind wach, aber fühlen keinen Schmerz.

Die Standardmethode heißt Phakoemulsifikation. Ein winziger Ultraschallsonde wird durch einen Schnitt von nur 2,2 bis 2,8 Millimetern in die Augenhöhle eingeführt. Sie zerkleinert die trübe Linse in winzige Stücke und saugt sie ab. Danach wird eine neue, künstliche Linse - eine Intraokulare Linse (IOL) - eingesetzt. Diese faltet sich im Auge auf, wie ein Miniatur-Blumenknauf, und bleibt dort für den Rest Ihres Lebens.

Früher wurde die trübe Linse einfach aus dem Auge geschoben - ohne Ersatz. Das führte zu extrem schlechter Sehschärfe. Seit Sir Harold Ridley 1949 die erste IOL einsetzte, hat sich alles geändert. Heute ist die Linse nicht mehr nur ein Ersatz - sie ist ein Upgrade.

Innere Ansicht eines Auges während der Kataraktoperation, eine leuchtende Linse entfaltet sich wie eine Blume.

Welche Linse passt zu mir?

Nicht alle künstlichen Linsen sind gleich. Sie wählen nicht nur aus, ob Sie eine brauchen - sondern welche Art.

  • Monofokale Linsen: Die Standardoption. Sie korrigieren die Sicht auf Weite. Sie sehen gut fern, aber brauchen fürs Lesen oder am Computer immer noch eine Brille. Sie kosten zwischen 1.500 und 3.000 CHF pro Auge. Die Krankenkasse zahlt den Grundpreis, aber nicht die Extras.
  • Toric Linsen: Für Menschen mit Astigmatismus. Sie korrigieren gleichzeitig die Verkrümmung der Hornhaut. Kosten: 2.500 bis 4.500 CHF pro Auge.
  • Multifokale oder Trifokale Linsen: Diese Linsen ermöglichen scharfes Sehen in mehreren Entfernungen - Nah, Mittel, Fern. Sie reduzieren die Abhängigkeit von Brillen auf 80 % oder mehr. Marken wie Alcon’s PanOptix oder Johnson & Johnson’s Tecnis Symfony haben klinische Studien mit über 80 % Erfolgsquote. Aber: Sie sind teurer, und nicht jeder passt dafür. Ihr Gehirn muss sich erst an das neue Sehen gewöhnen.

Die Wahl hängt von Ihrem Lebensstil ab. Sind Sie ein Leser? Ein Autofahrer? Ein Hobbygärtner, der Pflanzen im Detail sehen will? Die Entscheidung ist individuell. Ein guter Augenarzt hilft, die richtige Linse zu finden - nicht die teuerste.

Was passiert nach der Operation?

Nach der Operation ist Ihr Auge nicht sofort perfekt. Es fühlt sich kratzig, klebrig, leicht unangenehm an. Das ist normal. Ihre Sicht ist am ersten Tag verschwommen - manchmal sogar schlechter als vorher. Aber das ändert sich.

Die meisten Menschen sehen deutlich besser innerhalb von 1 bis 3 Tagen. Vollständige Heilung dauert aber länger. Die Cleveland Clinic sagt: vier Wochen. MyHealth Alberta: drei bis zehn Wochen. Andere sprechen von sechs bis acht Wochen. Warum so lange? Weil das Auge sich an die neue Linse gewöhnen muss. Ihr Gehirn muss lernen, das Licht anders zu interpretieren. Einige berichten, dass sie erst nach Monaten die volle Farbintensität spüren - wie ein Bild, das plötzlich in HD läuft.

Wichtig: Kein Wasser im Auge in den ersten Tagen. Kein Schwimmen, kein Duschen mit offenem Auge. Kein Heben von schweren Gegenständen. Kein Sport. Und: Nicht fahren, bis Ihr Arzt es erlaubt. Das ist kein Vorsichtsmaßnahme - das ist medizinische Notwendigkeit.

Augentropfen sind Pflicht: Antibiotika (z. B. Moxifloxacin) viermal täglich für eine Woche, um Infektionen zu verhindern. Dann Steroide (z. B. Prednisolonacetat), die über vier Wochen langsam abgesetzt werden. Das ist kein Luxus - das ist der Schlüssel zur Sicherheit.

Was kann schiefgehen?

Die Operation ist extrem sicher. Über 95 % der Patienten berichten von einer deutlichen Verbesserung. Die Erfolgsrate liegt bei 99,5 %. Aber: Komplikationen sind möglich.

Die häufigste ist die sogenannte Nachkatarakt - eine Trübung der Kapsel, die die künstliche Linse umgibt. Sie tritt bei 20 bis 30 % der Patienten innerhalb von fünf Jahren auf. Die Lösung? Ein kurzer, schmerzloser Laser-Eingriff (YAG-Laser-Kapsulotomie). In fünf Minuten ist er erledigt.

Andere Risiken: Infektionen, Blutungen, Netzhautablösung - selten, aber real. Besonders bei Diabetikern oder Menschen mit Glaukom ist die Heilung schwieriger. Hier kann die Operation nicht immer die volle Sehschärfe wiederherstellen. Das ist kein Misserfolg - das ist eine Grenze der Medizin. Und sie muss ehrlich kommuniziert werden.

Senior liest mit Freude ein Buch, Farben strahlen in HD-Qualität, eine künstliche Linse schwebt über dem Kopf.

Was tun, wenn die Brille immer noch nötig ist?

Viele denken: Nach der Operation brauche ich keine Brille mehr. Das ist ein Mythos. Mit einer monofokalen Linse brauchen Sie eine für Naharbeit. Mit einer multifokalen Linse vielleicht nicht - aber nicht alle passen dazu.

Einige Patienten klagen über Lichtreflexe, Nachbilder oder verschwommene Zwischenentfernungen. Das ist oft kein Fehler der Linse - sondern ein Anpassungsproblem des Gehirns. Hier hilft Visuelle Therapie. Gezielte Übungen - wie das Wechseln zwischen Nah- und Fernsicht - trainieren die Augen und das Gehirn, das neue Sehen zu verstehen. Es reduziert Ermüdung, verbessert Konzentration und sogar das Gedächtnis. Es ist kein Zauber, aber eine wissenschaftlich belegte Methode, die viele Ärzte unterschätzen.

Was kommt als Nächstes?

Die Technik entwickelt sich weiter. Die neue Zeiss AT LISA tri 839MP Linse, ab Januar 2023 zugelassen, verbessert die Sicht auf mittlere Entfernungen - perfekt für Computerarbeiten. Andere Linsen in klinischen Prüfungen versuchen, sich wie eine natürliche Linse zu bewegen - sich zu vergrößern und zu verkleinern, je nachdem, ob Sie in die Ferne oder aufs Buch schauen. Das wäre der nächste große Sprung.

Der Markt wächst: Bis 2027 soll die Branche für Kataraktgeräte 6,32 Milliarden US-Dollar erreichen. Warum? Weil die Bevölkerung altert. Und weil Menschen heute länger aktiv leben wollen - mit klarem Sehen, ohne Brille, ohne Einschränkung.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Operation?

Nicht jede Katarakt muss operiert werden. Wenn Sie noch gut sehen, brauchen Sie keine Operation. Aber wenn Sie nicht mehr gut lesen können, bei Nacht Angst vor dem Autofahren haben, oder Ihre Hobbys nicht mehr genießen können - dann ist es Zeit.

Warten ist kein Vorteil. Eine zu lange vernachlässigte Katarakt wird härter, schwerer zu entfernen, und erhöht das Risiko von Komplikationen. Sie ist kein Notfall - aber sie ist eine Gelegenheit. Eine Chance, Ihre Welt wieder klar zu sehen.

Kann ich eine Katarakt verhindern?

Nein, nicht vollständig. Eine Katarakt ist eine natürliche Folge des Alterns. Aber Sie können das Risiko senken: Nichtrauchen, UV-Schutz durch Sonnenbrille, gesunde Ernährung mit Antioxidantien (wie Spinat, Karotten, Beeren), und regelmäßige Augenuntersuchungen ab 50. Diabetes und Bluthochdruck kontrollieren - das hilft auch.

Wie lange hält eine künstliche Linse?

Eine künstliche Linse hält ein Leben lang. Sie verändert sich nicht, verwittert nicht, braucht keinen Austausch. Sie ist ein permanenter Ersatz. Nur die umgebende Kapsel kann sich später trüben - das ist aber leicht mit einem Laser zu behandeln.

Ist die Operation schmerzhaft?

Nein. Sie bekommen nur Augentropfen mit Betäubung. Sie fühlen einen leichten Druck, aber keinen Schmerz. Nach der Operation spüren Sie ein leichtes Kratzen oder Unbehagen - das vergeht innerhalb von ein bis zwei Tagen. Schmerzmittel sind meist nicht nötig.

Kann ich nach der Operation wieder lesen und fernsehen?

Ja, aber nicht sofort. Am ersten Tag ist die Sicht oft verschwommen. Nach 24 bis 48 Stunden können die meisten wieder lesen - aber mit Brille, wenn sie eine monofokale Linse haben. Fernsehen ist nach einem Tag möglich, solange Sie nicht zu lange starren. Die Augen brauchen Zeit, sich an das neue Licht zu gewöhnen.

Wann kann ich wieder Auto fahren?

Das entscheidet Ihr Augenarzt. Normalerweise nach 1 bis 3 Tagen, wenn Ihre Sehschärfe wieder mindestens 70 % beträgt und keine Blendung mehr auftritt. Ein Sehtest vor der ersten Fahrt ist Pflicht. Nicht auf Gefühl verlassen - auf Messwerte.

Was kostet eine Kataraktoperation in der Schweiz?

Die Grundoperation mit einer monofokalen Linse wird von der Krankenkasse übernommen. Sie zahlt den Standardpreis. Wenn Sie eine multifokale oder torische Linse wollen, zahlen Sie den Differenzbetrag selbst - das kann zwischen 1.000 und 3.000 CHF pro Auge liegen. Viele private Zusatzversicherungen übernehmen einen Teil davon.