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Wenn Sie über Estriol nachdenken, fragen Sie sich wahrscheinlich, wie es im Vergleich zu anderen Östrogen‑Therapien abschneidet. In diesem Artikel vergleichen wir Estriol mit den gängigsten Alternativen - von Estradiol über konjugierte äquin Östrogene bis hin zu pflanzlichen Phytoöstrogenen - und geben Ihnen ein klares Bild, wann welches Präparat sinnvoll ist.
Wesentliche Erkenntnisse
- Estriol ist das schwächste natürliche Östrogen und besonders gut verträglich bei vaginaler Anwendung.
- Estradiol ist das stärkste Endogen‑Östrogen und wird für systemische Hormonersatztherapie bevorzugt.
- Konjugierte äquine Östrogene (CEE) bieten eine breite Wirksamkeit, bergen aber ein höheres Risiko für Blutgerinnsel.
- Synthetische Östrogene wie Ethinylestradiol sind wirksam, können aber die Leber stark belasten.
- Phytoöstrogene aus Soja sind mild, aber ihre Wirksamkeit ist stark von der Dosis abhängig.
Was ist Estriol?
Estriol ist ein schwaches, natürlicherweise vorkommendes Östrogen, das vor allem während der Schwangerschaft produziert wird. Sein Bindungsaffinitätswert zu Östrogenrezeptoren liegt bei etwa 1 % des potenten Estradiols, wodurch es weniger systemische Effekte hat. In Deutschland wird Estriol häufig als Vaginalcreme für die Behandlung von Scheidentrockenheit nach den Wechseljahren eingesetzt.
Wie wirkt Estradiol im Vergleich?
Estradiol ist das dominante Endogen‑Östrogen während der fruchtbaren Phase. Es besitzt die höchste Affinität zu den beiden Östrogenrezeptoren ERα und ERβ und sorgt für die typische Wirksamkeit bei systemischer Hormonersatztherapie (HRT). Klinisch zeigt Estradiol die stärkste Linderung von Hitzewallungen, verbessert die Knochendichte und reguliert den Cholesterinspiegel effektiver als Estriol.
Konjugierte äquine Östrogene (CEE) - das klassische Präparat
Konjugierte äquine Östrogene (CEE) sind ein Gemisch aus mehreren Östrogenen, die aus den Urinen von Stuten gewonnen werden. Der bekannteste Handelsname ist Premarin. CEE liefert sowohl Estrone als auch kleine Mengen Estradiol und Estriol, wodurch eine breitgefächerte hormonelle Wirkung entsteht. Das Risiko für venöse Thrombosen und Schlaganfälle ist jedoch bei älteren Frauen leicht erhöht.
Ethylnestradiol - das synthetische Pille‑Östrogen
Ethinylestradiol ist ein synthetisches Östrogen, das seit den 1960er‑Jahren in oralen Kontrazeptiva verwendet wird. Es ist sehr oral bioverfügbar, weil es die Leber nicht sofort abgebaut wird. Neben der Empfängnisverhütung wird Ethinylestradiol gelegentlich bei hormoneller Akne eingesetzt, kann aber zu einer Erhöhung der Triglyceride und Leberenzymen führen.
Diethylstilbestrol - historisch, aber riskant
Diethylstilbestrol (DES) ist ein starkes synthetisches Östrogen, das früher zur Prävention von Fehlgeburten eingesetzt wurde. Lange‑zeitige Exposition erhöht das Risiko für vaginale Krebsarten und Herz‑Kreislauf-Erkrankungen, weshalb DES heute praktisch nicht mehr verschrieben wird.
Pflanzliche Phytoöstrogene - natürlicher Ansatz
Phytoöstrogene sind pflanzliche Verbindungen, die an Östrogenrezeptoren binden können. Die am besten untersuchten Phytoöstrogene stammen aus Soja‑Isoflavonen (Genistein, Daidzin). Sie erreichen maximal 0,5 % der Wirksamkeit von Estradiol und können bei moderater Einnahme milde menopausale Symptome lindern, wobei die klinische Evidenz stark variabel ist.
Bioidentische Hormone - Individualisierung
Bioidentische Hormone sind synthetisch hergestellte Östrogene, die strukturell identisch zu den natürlichen Hormonen des Menschen sind. Sie werden häufig in Form von Cremes, Gels oder Pellets verabreicht und ermöglichen eine sehr individuelle Dosierung - ein großer Vorteil bei Patientinnen, die Nebenwirkungen empfindlich reagieren.
Hormonersatztherapie (HRT) - Der Kontext
Unter dem Oberbegriff Hormonersatztherapie (HRT) versteht man die gezielte Zufuhr von Östrogenen (und manchmal Progesteron), um die Symptome der Menopause zu mildern. Die Auswahl des passenden Östrogens hängt von Alter, Risikoprofil, gewünschtem Wirkungsgrad und Anwendungsweg ab.
Menopause - Wann ist die Therapie nötig?
Die Menopause markiert das Ende der natürlichen Östrogenproduktion, typischerweise zwischen 45 und 55 Jahren. Häufige Beschwerden sind Hitzewallungen, Schlafstörungen, Scheidentrockenheit und knochenabbau. Nicht alle Frauen benötigen eine HRT - die Entscheidung basiert auf Nutzen‑Risiko‑Abwägung.
Vergleichstabelle: Estriol vs. Alternativen
| Parameter | Estriol | Estradiol | CEE (Premarin) | Ethinylestradiol | Phytoöstrogene (Soja) |
|---|---|---|---|---|---|
| Potenz (vs. Estradiol) | 1 % | 100 % | ≈30 % | ≈80 % | ≤0,5 % |
| Übliche Anwendungsform | Vaginalcreme, Tablette (geringe Dosis) | Pflaster, Gel, Tablette | Tablette, Injektion | Pille (Kombinationsverhütung) | Nahrungsergänzungsmittel, Lebensmittel |
| Wirkungsdauer | kurz, lokale Wirkung | systemisch, 24 h | systemisch, 12‑24 h | systemisch, 24 h | variabel, abhängig von Aufnahme |
| Hauptnebenwirkungen | geringe Brustempfindlichkeit, leichte Blutungsänderungen | Hitzewallungen (bei Überdosierung), Thromboserisiko | Thrombose, Blutdruckanstieg | Leberparameter, Übelkeit | Butterfly‑Effekt bei hohen Dosen, gastrointestinale Beschwerden |
| Besondere Vorteile | hohe Lokalverträglichkeit, sicher für Brustkrebs‑Nachsorge | stärkste Linderung von Hitzewallungen, Knochenschutz | breites Wirkspektrum, lange Historie | hohe orale Bioverfügbarkeit | natürlicher Ursprung, kein Rezept nötig |
Entscheidungshilfe: Wann ist Estriol die richtige Wahl?
- Sie leiden hauptsächlich an vaginaler Trockenheit und wollen ein lokales Mittel ohne systemische Nebenwirkungen.
- Sie befinden sich in der frühen Perimenopause und haben noch ausreichende endogene Östrogenproduktion.
- Sie haben ein erhöhtes thromboembolistisches Risiko (z. B. familiäre Vorbelastung, Raucherin, adipös).
- Sie sind nach Brustkrebsbehandlung und benötigen ein Östrogen mit geringer proliferativer Wirkung.
Prüfliste für die Auswahl des geeigneten Östrogens
- Welches Symptom steht im Vordergrund? (lokal vs. systemisch)
- Wie hoch ist Ihr persönliches Thromboserisiko?
- Benötigen Sie zusätzlich Progesteron (bei intakter Gebärmutter)?
- Welche Darreichungsform bevorzugen Sie (creme, Tablette, Pflaster, Gel)?
- Wie wichtig ist Ihnen die Natürlichkeit des Hormons?
- Gibt es Kontraindikationen (Lebererkrankungen, hormonabhängige Tumoren)?
Häufig gestellte Fragen
Wie schnell wirkt eine Estriol‑Vaginalcreme?
Die lokale Wirkung beginnt meist innerhalb von 24 Stunden, maximale Linderung wird nach etwa einer Woche täglicher Anwendung beobachtet.
Ist Estriol sicher während einer Brustkrebsnachsorge?
Studien zeigen, dass die schwache Östrogenwirkung von Estriol das Wiederauftreten von hormonabhängigen Tumoren kaum fördert. Dennoch sollte die Therapie immer mit dem Onkologen abgestimmt werden.
Kann ich Estriol zusammen mit einem Bioidentischen Gel verwenden?
Eine Kombination ist möglich, erfordert aber eine exakte Dosierung, um eine Überstimulation zu vermeiden. Ein hormoneller Facharzt sollte die Therapie überwachen.
Was sind die Hauptunterschiede zwischen Estradiol und Ethinylestradiol?
Estradiol ist das körpereigene, potente Östrogen, das meist systemisch als HRT eingesetzt wird. Ethinylestradiol ist ein synthetisches Derivat mit hoher oraler Bioverfügbarkeit, das vorwiegend in Kombinationspillen verwendet wird und stärker die Leber beeinflusst.
Sind Phytoöstrogene eine Alternative zu Medikamenten?
Sie können milde Symptome lindern, erreichen jedoch nie die Wirksamkeit von Medikamenten. Für schwere Beschwerden ist eine ärztliche Hormonersatztherapie empfehlenswerter.
Geschrieben von Fenja Berwald
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